TIEFENPSYCHOLOGISCH FUNDIERTE PSYCHOTHERAPIE
Richtlinienverfahren
Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gehört zu den „Richtlinienverfahren“.
Eine Psychotherapie erfolgt nach entsprechender Probatorik (diagnostische Abklärung einer Indikation zur Psychotherapie, therapeutische Passung, Behandlungsplanung), dann wenn sie fachlich indiziert ist und die Patienten dies willentlich beabsichtigen.
Grundprinzipien
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie ist ein psychodynamisches, konflikt- und beziehungsorientiertes Verfahren, das sich auf die aktuelle Lebenssituation der Patienten konzentriert und mit der Zielstellung verbunden ist, bis dahin unbewusste Konflikte und deren Auswirkungen auf Denken, Fühlen und Handeln bewusst zu machen, zu bearbeiten und dadurch Veränderungen herbeizuführen.
Im Grunde, und sehr vereinfacht beschrieben, meint „tiefenpsychologisch fundiert“, dass sich die Psychotherapie zuvorderst nicht auf Symptome (Störungszeichen) richtet, sondern auf die Frage nach deren möglichen Ursachen: „Warum und wodurch diese Symptome bei diesem Menschen im Lebenslauf entstanden und begründet sein könnten?“
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie versteht den Menschen in seinem bio-psycho-sozialen Wesen.
Seelische Entwicklung, therapeutische Veränderung und Neuroplastizität
Da die seelische Entwicklung an die Entwicklung des Gehirns und seinen Funktionen gebunden ist, spielt die Phase der Gehirnentwicklung eine Rolle, in der diese im Aufbau von neuronalen Netzwerken intensiv verläuft. Dies ist vor allem die Entwicklung in der Kindheit. Ausgehend von frühen Bindungserfahrungen entwickeln sich die strukturellen Grundlagen der Persönlichkeitsorganisation.
Alle sozialen Anpassungsprozesse, egal ob in menschlichen Beziehungen oder Leistungsanforderungen basieren auf der Neuroplastizität des Gehirns.
Neuroplastizität ist auch die Grundlage für therapeutisch initiierte Veränderungsprozesse, insofern therapeutische Prozesse sich als neuronale Veränderungsprozesse nachweisen lassen.
Störungskriterien
Als Störungskriterien gelten im Allgemeinen sogenannte maladaptive Anpassungsprozesse, in denen aufgrund zum Beispiel unbewusster Konflikte in der Bindungsentwicklung keine „Passung“ zwischen psychosozialen Anforderungen und den Bewältigungsstrategien gelingt. Wenn dies der Fall ist, kann es in Folge zu psychosomatischen oder/und seelischen Symptomenbildungen kommen, Leidensdruck und/oder soziale Funktionseinschränkungen in der Alltagsbewältigung entstehen.
Bei Kindern und Jugendlichen kann dabei das familiale System eine Rolle spielen, insofern auch die primären Bezugspersonen in den therapeutischen Prozess mit einbezogen werden können.
Therapeutisches Vorgehen
In der Tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie wird
- klärend,
- konfrontierend,
- deutend,
gearbeitet, um Patienten Einsicht und Verstehen in unbewusste Anteile zu ermöglichen. Veränderungsprozesse werden unterstützt und stabilisiert.
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie richtet sich auf das Bewusstmachen und Bewusstwerden von Zusammenhängen in den Handlungs-, Gefühls-, Bedürfnis- und Denkweisen des Menschen, so dass durch (Selbst-) Reflexionsfähigkeit und der Fähigkeit der Selbst- und Konfliktregulation Bewältigungskompetenzen entwickelt bzw. aktiviert werden.
Unterschied zur klassischen Psychoanalyse
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie gehört zu den psychodynamischen Verfahren und basiert auf den Konzepten der Psychoanalyse (Freud und nachfolgende Schulen). Psychoanalyse ist jedoch kein einheitliches Theorie- und Behandlungskonzept, sondern eine Gruppe von theoretischen und therapeutischen Ansätzen und Methoden.
Formal unterscheidet sich das Setting der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie von dem der klassischen Psychoanalyse. Sie dauert nicht mehrere Jahre wie die Psychoanalyse, sondern umfasst eine definierte Sitzungszahl (Kurzzeit- oder Langzeittherapie). Auch liegt der Patient nicht auf der „bekannten Couch“ wie in der Psychoanalyse, sondern es werden Gespräche in gemütlicher Atmosphäre geführt. Die Sitzungsfrequenz ist vom individuellen Bedarf der Patienten und der Kapazität der Praxis abhängig.
Einzel- und Gruppentherapie
Neben der Einzelpsychotherapie gibt es die Möglichkeit einer tiefenpsychologisch fundierten Gruppenpsychotherapie.
Eine Gruppenpsychotherapie, geregelt nach individuellem Bedarf und in gemeinsamer Absprache nach der Psychodiagnostik, hat den Vorteil, dass das gemeinsame Erleben in der Gruppe die Konfliktentstehung und -wahrnehmung, die eigenen Denk- und Verhaltensweisen bzw. die individuellen Bedürfnislagen der Patienten, zusammengefasst den gemeinsamen Veränderungsprozess, beschleunigt und fördert. Die Teilnehmerzahl liegt bei max. 5 Patienten pro Gruppe.